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Auf holprigen Wegen durch Polen

Auf holprigen Wegen durch Polen radeln

Ich möchte euch heute einen Schwenk aus unseren Radreiseerlebnissen in Polen erzählen. Polen war für uns ein wenig holprig und das nicht nur in Hinsicht auf die manchmal seeehr holprigen Straßen ;-)

Flo und ich waren bereits seit ca. 2 Wochen in Polen unterwegs und kamen nun zur masurischen Seenplatte. Hatten wir vorher nicht gekannt aber scheinbar ist es ein sehr beliebtes Reiseziel. Es ist auch ein wunderschönes Gebiet, hügelig mit unzähligen Gewässern und Seen. Jedenfalls haben wir entschieden, dass wir uns die Stadt Lötzen anschauen wollen. Wir hatten bis dahin fast keine Sehenswürdigkeiten besichtigt und so ein bißchen das Gefühl, dass wir eventuell Interessantes verpassen könnten. So haben wir zum Beispiel an einem anderen Tag Radler aus Polen getroffen und sind ein Stück gemeinsam entlang vom Meer gefahren. Wir haben dann von den beiden erfahren, dass Kopernikus in Frombork, der Stadt durch die wir gefahren sind, Domherr gewesen war und es auch ein Museum usw. gibt. Das hätten wir sonst nie gewusst.

Jedenfalls haben wir dann entschieden, dass wir in Zukunft unsere Route auch ein wenig von den Sehenswürdigkeiten abhängig machen wollen. Lötzen liegt direkt am See, hat auf Tripadvisor nett gewirkt und es gab auch einiges zum anschauen... Also auf nach Lötzen zur masurischen Seenplatte!

Der Weg war wie immer ein wenig durchwachsen: wunderschöne Landstraßen neben gelben Getreidefeldern und schattigen, duftenden Föhrenwäldern. Plötzlich ändert sich die Straße und wird zu einem sandigen Feldweg. Polen ist tatsächlich auf Sand gebaut, das wussten wir vor unserer Reise auch noch nicht. Und es ist nicht nur einmal passiert, dass wir im Sand stecken geblieben sind und ihn verflucht haben. Naja hilft nichts, da mussten wir durch. Dann kam wieder mal eine kleinere Nebenstraße die wie ein Fleckerlteppich ausgeschaut hat weil sie so oft "repariert" worden ist. Da ist man über den kleinen Polster in der Radlerhose richtig dankbar (rumpel, rumpel, rumpel). Am schlimmsten waren aber die großen Straßen mit vielen Autos. Weil die Polen einfach vollkommen verrückt und viel zu schnell beim Autofahren sind. Nicht umsonst waren am Wegesrand auffällig viele Kreuze von Verunglückten... Da bevorzuge ich dann doch lieber die Sandwege.

Naja... wir sind auf jeden Fall gut in Lötzen angekommen. Nach einigem Suchen und Überqueren eines kleinen Kanal in der Stadt haben wir den Campingplatz gefunden und waren verwirrt. Es war nämlich ein Hafen mit Segelbooten, einer Taverne und einer Fahrschule. Hmm wo war der Campingplatz? Nach einigem Herumsuchen und Fragen haben wir herausgefunden, dass das der Campingplatz war. Aha, ok. Da wir schon müde und hungrig waren wollten wir einfach noch schnell duschen, kochen und dann ab ins Zelt. Die Dusche hat dann extra gekostet, genauso wie das Klo. Für jedes Mal Klo gehen haben wir ca. 50 Cent bezahlen müssen. Da überlegt man sich schon genau, wann man geht und kostet das Klo gehen dann richtig aus :-)

Flo wollte sich das Geld fürs duschen sparen und ist in den See gehüpft. Leider war es ziemlich grausig zum reingehen und eigentlich auch nicht zum schwimmen geeignet. Als ich vom duschen zurück war hörten wir ständig in der Nähe von uns ein Bellen. Wir haben dann einen Hund entdeckt, der scheinbar in diesem Hafen auf einem Stapel Reifen an der Kette lebt. Überhaupt halten viele Leute in Polen ihre Hunde in Zwingern oder an der Kette. Sogar Kühe und Pferde werden auf dem Feld angekettet. Das war für uns immer ganz schlimm zu beobachten. Da haben wir uns beim radeln lieber auf die hunderte von Störchen konzentriert, die am Wegesrand von ihren Nestern zu uns runtergeklappert haben oder auf die Schwäne in den Gewässern. Wir haben auch immer wieder Rehe, Hasen und sogar Wildschweine während unserer Tour gesehen.

Aber zurück nach Lötzen: Wir haben dann also neben dem bellenden Reifenhund unsere Mahlzeit zubereitet: ein leckeres Kartoffelcurry. Leider hat es auch den Gelsen geschmeckt und in kürzester Zeit waren hunderte Gelsen bei uns. Wir konnten nur noch fliehen und haben unser Essen dann im Stehen bzw. im Gehen verzehrt. Dazu kam, dass direkt neben dem Campingplatz Züge vorbeigefahren sind. Da es in Polen meist keine Bahnschranken gibt, kündigt sich jeder Zug mit lautstarken und mehrmaligen Hupen an. Das hilft auch nicht gerade beim Einschlafen :-) Zu dem Zeitpunkt wollten wir eigentlich nur noch weg von diesem komischen Campingplatz. Da es schon spät war haben wir dann unser Zelt trotzdem versteckt hinter der kleinen verstaubten Bühne bei der Taverne aufgebaut. Wir dachten, dass wir so unsere Räder schützen könnten damit sie in diesem komischen Hafenviertel nicht gestohlen werden.

Am nächsten Tag haben wir herumüberlegt ob wir hier bleiben oder weiterfahren sollen. Und ob wir noch am Campingplatz aufs Klo gehen oder woanders ein gratis Klo suchen sollen ;-) Wir haben dann entschieden dass wir bleiben, da wir uns die Stadt Lötzen und ihre Sehenswürdigkeiten anschauen wollten. Davon war eine die Brücke über den Kanal, die wir bereits überquert hatten und es gab noch einen Wasserturm. Hm da hatten wir wieder mal super recherchiert und sind in die einzige Stadt hier gefahren, wo es einfach nichts zum anschauen gibt. Polen hat nämlich wirklich wunderschöne Städte und es gibt unzählige Burgen aus Backstein gebaut - sehr beeindruckend und schön. Vor allem Breslau (auf polnisch Wroclaw) hat uns mit wunderschönen Häusern zwischen Kanälen und Brücken als aufstrebende Stadt gut gefallen. Hier haben wir bei einer Familie übernachtet, welche wir über die Plattform "warmshowers" gefunden hatten. Sie haben uns herzlich aufgenommen, verköstigt und die Stadt gezeigt. Aber auch Marienburg und Danzig waren wunderschön. In Danzig haben wir uns in der tollen Altstadt das WM-Match von Polen mit zwei älteren deutsch-polnischen Damen angeschaut. Wir wurden sehr bemuttert und auf Getränke eingeladen. Außerdem haben sie sich immer wieder erkundigt, ob wir eh genug gegessen hätten, was mich sehr an meine Oma erinnert hat :-)

Es gibt in Polen auch einen riesigen Unterschied zwischen Stadt und Land. Während die Städte florieren, gibt es am Land oft nichts. Keine Infrastruktur, kein Gasthaus, kein Friseur, nichts. Nein stimmt nicht, es gibt viele Autowerkstätten ;-)

Nun gut, wieder zu den Masuren: Wir sind dann in Lötzen herumspaziert und haben Zelt und Räder mit einem etwas unguten Gefühl beim Campingplatz/ Hafen/ Fahrschule/ Reifenhund gelassen da wir Angst hatten, dass etwas gestohlen werden könnte. Flo und ich haben sogar schon überlegt wie wir ohne Zelt und Räder weiterreisen werden - zb. per Autostopp. Ich muss auch dazu erwähnen, dass wir etwas gebrannte Kinder sind. In Torun (auch eine super schöne polnische Stadt) wurde Flo nämlich das Handy am Campingplatz während dem Aufladen gestohlen. Also waren wir ab dem Zeitpunkt etwas paranoid und übervorsichtig. Mit technischen Geräten hatten wir bisher sowieso kein Glück: mein Handy wurde nach 3 Tagen auf der Reise kaputt. Dann ist das Handy von Flo gestohlen worden und dann wurde meine Tastatur vom Tablet kaputt. Langsam werden es immer weniger elektronische Geräte, die wir mitschleppen :-) Weil wir nun kein Handy mehr am Campingplatz unbeaufsichtigt aufladen wollten, haben wir uns in Lötzen ein Restaurant gesucht und haben da gaaanz langsam gegessen, getrunken, Karten gespielt und vor allem: das Handy aufgeladen. Eigentlich sind wir auf unserer Reise viel auf der Suche nach Strom - vor allem jetzt wo wir nur mehr ein Handy haben. Außerdem wollten wir am Gelsenverseuchten Campingplatz nicht mehr kochen und mussten ja auch was essen.

Irgendwann am Abend sind wir wieder heim auf den Campingplatz und wollten früh schlafen gehen. Von weitem schon haben wir Musik gehört und bemerkt, dass es von der vorher scheinbar unbenutzten Bühne kommt, hinter der wir unser Zelt aufgebaut hatten. Ein Musiker hat dort die bekanntesten polnischen Schlager und Partyhits für eine handvoll Tavernenbesucher zum besten gegeben. In unserem Zelt, das ja einen Meter hinter der Bühne gestanden ist, war die Musik natürlich am lautesten. Auch Ohropax halfen da nicht wirklich. Auch der Reifenhund hat sich wieder eingeschalten und im Takt mitgebellt und in den Musikpausen sind laut tutend die Züge vorbeigefahren. Unser Plan mit früh schlafen gehen ist nicht ganz aufgegangen. Dafür war die Situation einfach so komisch, dass Flo und ich den Abend lang nur mehr gelacht haben. Um viertel vor 11 hat die Musik dann abrupt aufgehört, da jemand mitten im Lied den Stecker gezogen hat. Es gab dafür viel Applaus - auch von uns - und wir konnten endlich einschlafen.

Am nächsten Tag gings dann wieder weiter in Richtung Litauen und wir haben uns von dem schrulligen Campingplatz verabschiedet. Irgendwie hatten wir ihn dann doch lieb gewonnen.

Radreise Europa: Auf holprigen Wegen durch Polen
Radreise Europa: Auf holprigen Wegen durch Polen

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Kommentar schreiben

Kommentare: 9
  • #1

    Christine (Dienstag, 03 Juli 2018 18:13)

    Hallihallo und wow! Ich bin begeistert von den wunderschönen Landschaftsfotos und find', dass ihr zwei auch sehr happy dreinschaut! Bin gespannt auf die Bloglektüre. Ganz liebe Grüße und eine superfeine Sommerzeit, Christine

  • #2

    Alex (Dienstag, 03 Juli 2018 18:36)

    You went far and you're rad! Cheesy pun intended.

  • #3

    Martina und Eva-Maria (Dienstag, 03 Juli 2018 20:09)

    Sieht ganz nach eurer Traumreise aus!!! Wir wünschen euch weiterhin viel Spaß. Alles Liebe, Martina und Eva-Maria

  • #4

    JOHANN & EE (Dienstag, 03 Juli 2018 22:04)

    Hallo ANNA, FLORIAN!
    WIR LESEN GERNE EURE BERICHTE.- DANKE!
    NACHDEM ES VOR KURZEM ENDLICH EINIGES GEREGNET HAT HABE ICH 3KG STEINPILZE GEFUNDEN.
    ALLES GUTE UND SCHÖNE GRÜSSE.

  • #5

    beate (Mittwoch, 04 Juli 2018 18:52)

    vielleicht hat der polnische Musikant für flo geburtstagsnummern gespielt!!?? Meine Glückwünsche per SMS hat nun jemand anderer empfangen.
    Derzeit Reisebericht klingt wie im Film....haha
    Schöne Reise weiterhin mit und ohne gelsen Hunden uns Musik!

  • #6

    Claudia (Mittwoch, 04 Juli 2018 23:37)

    Hallo Anna und Flo!!

    Wow eure Reise schaut bis jetzt ja volle schön und a spannend aus� Hab heute glei gelesen, nachdem i entdeckt hab, dass die Mails der Radlerin im Spam gelandet sind und des dann a glei umgestellt... Freu mi scho über weitere Berichte und Fotos von euch 2! Wünsch euch Beiden ganz a schöne und eindrucksvolle Weiterreise! Ganz liebe Grüße von Claudia und Wolfi

  • #7

    Radlerin (Donnerstag, 05 Juli 2018 14:53)

    Hallo und danke euch allen :-) wir freuen uns, dass ihr an unserem Abenteuer teilhabt! Und wir sind auch schon ziemlich gespannt wie es so weitergeht. Gerade sind wir in Vilnius angekommen und erkunden nun das Baltikum :-)
    Bis bald und viele liebe Grüße von Anna und Flo

  • #8

    Elisabeth (Donnerstag, 26 Juli 2018 11:09)

    Hallo ihr drei (mit Stups natürlich)! Ich denke oft an euch wie es euch geht, wenn man die wunderschönen Fotos (macht ihr die mit der Kamera?) anschaut und die Blogeinträge liest habt ihr ja schon einiges erlebt!! Man (bzw. ich) kriegt direkt jedes Mal Fernweh und ich beneide euch auch ein bisschen um dieses Abenteuer;) ! Man soll nicht nur von seinen Träumen reden sondern sie auch leben und das macht ihr....alles Liebe!!
    Die einzelnen Fotos kann man nicht kommentieren?
    Anna ich schreib dir auch ein Mail, die Adresse ist ja dieselbe oder?
    PS: in einigen Ländern gab/gibt es ganz schlimme riesige Waldbrände, auch in Schweden - ich weiß nicht wie es dort ist wo ihr grad im Norden seid aber bitte passt gut auf auf euch!!

  • #9

    Radlerin (Freitag, 27 Juli 2018 11:27)

    Hi Lilli,
    Die Fotos mach ich mit meinem Handy, ich muss ja Platz und Gewicht sparen ;-) ja stimmt, man muss seine Träume leben und es auch durchziehen. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass wir das gemacht haben! Wir sind jetzt grad in Schweden und hoffen auf Regen damit sich die Situation etwas entspannt... Mal schauen wie es sich mit den Bränden weiterentwickelt. Ich schreib dir auch gleich noch ein Mail :-) glg